Pflegebedürftige sicher in der Badewanne duschen und baden
Welche Hilfsmittel und Umbaumaßnahmen an der Badewanne erleichtern die Pflege? Eine Expertin gibt Tipps zu Auswahl, Umsetzung und Finanzierung.
Für viele pflegebedürftige Menschen wird es mit der Zeit immer beschwerlicher, ihre Badewanne zu nutzen. Dabei sind Entspannungsbäder oder die tägliche Dusche überaus wohltuend. Mit Hilfsmitteln oder auch baulichen Maßnahmen kann die Badewanne weiterhin genutzt werden.
Bedarfsgerechte Lösung
Von Haltegriffen über Sitze bis hin zur Pflegebadewanne gibt es verschiedene Möglichkeiten. „Die Entscheidung für eine Lösung hängt vom Unterstützungsbedarf ab“, sagt Antje Voss, Fachberaterin beim Hamburger Verein Barrierefrei Leben. „Ein erster wichtiger Aspekt ist der sichere Einstieg. Solange Pflegebedürftige ihre Beine noch selbst oder mit Hilfe über den Badewannenrand heben können, ist kein Umbau nötig.“ Alternativ lassen sich Hilfsmittel einsetzen.
Haltegriffe und Stangen
Viele Pflegebedürftige können beim Duschen oder Baden noch selbstständig in der Wanne stehen oder sitzen. Sie haben aber Probleme, den 45 bis 55 Zentimeter hohen Wannenrand zu überwinden. Für mehr Stabilität und Sicherheit beim Ein- und Ausstieg sorgen unterschiedliche Halte- und Stützlösungen (siehe Seite 18 rechts). „Das Gewicht, das auf die Hilfsmittel einwirkt, wird häufig unterschätzt“, warnt Antje Voss. Um ein Herausbrechen der Griffe zu vermeiden, sei es wichtig, beim Kauf auf eine gute Qualität der Produkte zu achten. Sanitätshäuser oder Handwerksbetriebe können zu hochwertigen Griffen beraten und sie fachgerecht montieren.
Vorsicht Sturzgefahr! Rutsch-Stopper für die Badewanne
Das Risiko, mit nassen Füßen auszurutschen und zu stürzen, besteht nicht nur beim Duschen im Stehen. Auch wer in der Badewanne sitzt, muss beim Ein- und Aussteigen kurz stehen. Dabei passieren häufig Stürze. Für einen sicheren Stand sorgen rutschhemmende Klebestreifen oder Anti-RutschBeschichtungen auf den Bodenfliesen und in der Badewanne.
Badewannenbrett, -sitz und -lifter
Weitere Hilfsmittel unterstützen Personen, die aus eigener Kraft nicht sicher in der Badewanne stehen können. „Die einfachste Lösung ist ein Sitzbrett. Es setzt allerdings voraus, dass der oder die Pflegebedürftige den Oberkörper selbst aufrecht halten kann“, sagt Antje Voss. „Ist das nicht möglich, braucht der Sitz eine Rückenstütze.“
Kranken- und Pflegekassen übernehmen Großteil der Kosten
Die Kosten für die Hilfsmittel werden von den Krankenkassen übernommen, wenn eine ärztliche Verordnung und eine Hilfsmittelnummer vorliegen. Umbauten können von den Pflegekassen als „wohnraumverbessernde Maßnahme“ mit bis zu 4.180 Euro bezuschusst werden. Das entspricht in etwa den Kosten für eine neue Pflegebadewanne. Voraussetzung sind ein Pflegegrad sowie der Nachweis, dass die Maßnahme notwendig ist. Der Antrag auf Erstattung oder Bezuschussung erfolgt über einen Kostenvoranschlag. Wichtig: Die Hilfsmittel oder Maßnahmen dürfen erst nach der Bewilligung des Kostenträgers angeschafft oder beauftragt werden, sonst verfällt der Anspruch.
Um- oder Ausbau der Badewanne
Wenn der Wannenrand trotz aller Hilfsmittel eine nicht mehr zu überwindende Hürde darstellt, ist es an der Zeit, über größere Umbaumaßnahmen nachzudenken (siehe unten). Im Idealfall deckt der Zuschuss der Pflegekasse den größten Teil der Materialund Arbeitszeitkosten ab. Die nachträgliche Erneuerung und Abdichtung der Fliesen oder unerwartete Leitungs- und Schimmelpilzschäden können jedoch Mehrkosten verursachen.
Beratungsangebote nutzen
Wer über Hilfsmittel oder einen Umbau der Badewanne nachdenkt, kann sich im Internet sowie bei lokalen Pflegestützpunkten und Wohnberatungsstellen informieren. Letztere bieten neben einer kostenfreien und neutralen Beratung oft auch Hausbesuche an. So finden sie gemeinsam mit allen Beteiligten eine Lösung, die zur jeweiligen Pflegesituation passt.
Fachbetriebe suchen
Der Markt für Umbauten ist umkämpft, und nicht alle Firmen arbeiten seriös. Wer seine Entscheidung nur über den Preis trifft, muss mit unliebsamen Folgen rechnen, zum Beispiel mit offenen Fugen, scharfen Kanten oder Griffen, die den Belastungen nicht standhalten. „Noch gravierender sind Baumängel, die erst nach Monaten auffallen – weil Fugen schimmeln oder das Wasser zum Nachbarn tropft“, sagt Voss. Sie rät Interessierten, nur Firmen zu beauftragen, die zum Beispiel bei einer Handwerkskammer oder einem Dachverband gelistet sind.
Mietwohnung: Umbau der Badewanne erlaubt?
Vermieterinnen und Vermieter sollten vor dem Umbau informiert und einbezogen werden. Sie dürfen den Umbau nicht verweigern, wenn dieser der Barrierefreiheit dient und weder Brandschutz, Statik noch Rettungswege beeinträchtigt. Vermietende müssen die Maßnahme allerdings nicht bezahlen und können einen Rückbau in den ursprünglichen Zustand verlangen. Vereinbarungen sollten schriftlich festgehalten werden. Weitere Informationen gibt es beim Deutschen Mieterbund oder dessen Landesverbänden (www.mieterbund.de).
Badezimmer ohne Barrieren
Informationen z. B. unter www.online-wohn-beratung.de
Einfache Haltegriffe
Die geraden oder abgewinkelten Griffe werden mit der Wand oder der Wanne verschraubt. Mobile Lösungen lassen sich mit Saugnäpfen befestigen.
Doppelgriffsysteme
Haltegriffe mit zwei Haltemöglichkeiten können gedreht und aus verschiedenen Positionen benutzt werden. Die Befestigung erfolgt meistens am Wannenrand.
Boden-Decken-Stangen
Die Stange mit mehreren schwenkbaren Griffen hat eine Länge von bis zu drei Metern und lässt sich zwischen Boden und Decke einspannen.
Sitzbrett
Das Brett mit rutschfester Sitzfläche wird meist mit Saugschrauben am Wannenrand befestigt. Einige Modelle haben einen Haltegriff an der Seite.
Drehsitz
Der bis zu 360 Grad schwenkbare Sitz mit Rückenlehne ermöglicht auch das Sitzen außerhalb der Wanne. Das erleichtert das Anheben der Beine über den Wannenrand.
Badewannenlift
Diese Lösung funktioniert wie der Drehsitz. Zusätzlich kann die Person per Fernbedienung in die Wanne abgesenkt und die Rückenlehne nach hinten geklappt werden, so dass auch Baden möglich ist.
Badewannentür
Der Einbau von Türen in bestehende Wannen sei möglich, aber nur selten hilfreich, sagt Antje Voss. „Mit einer Türschwelle von bis zu 30 Zentimetern bleibt es quasi immer noch eine Badewanne mit einem Rand, der überwunden werden muss.“ Der nachträgliche Umbau sei aufwendig und mache nur Sinn, wenn der oder die Pflegebedürftige regelmäßig ein Vollbad nehmen würde.
Dusch- oder Pflegebadewanne
Wird die pflegebedürftige Person nur geduscht, kann eine spezielle Pflegebadewanne die alte Wanne ersetzen. „Aufwand und Kosten sind nicht so hoch wie beim nachträglichen Einbau einer Badewannentür“, weiß die Fachberaterin. „Mit einer Einstiegshöhe von etwa 14 Zentimetern, speziellen Sitzen und zusätzlichen Haltegriffen bieten die Modelle viel Komfort.“
Von Carolin Grehl
Foto (Titelbild): Deborah Kolb/shutterstock.com